Ein nachdenklicher Parteitag - Jusos aus Weser-Ems als Delegierte beim SPD-Bundesparteitag in Leipzig

Veröffentlicht am 17.11.2013 in Bundespolitik

SPD öffnet sich zur Linkspartei - „Martin Schulz ist unser Mr. Europe“

„Meine heutige Rede wird heute etwas weniger mitreißend als nachdenklich sein“ so begann Sigmar Gabriel seine Eröffnungsrede auf dem ordentlichen Bundesparteitag der SPD vom 14.-16. November 2013 in Leipzig. 150 Jahre nach der Gründung der Sozialdemokratie trafen sich die 600 Delegierten am Ort ihrer Gründung. Darunter auch die 21 Delegierten des SPD-Bezirks Weser-Ems, von denen mit Jenna Schulte, Sabine Zimmermann, Florian Eiben, Dennis Rohde MdB, Kristian Kater, Andreas Kröger und Daniel Schweer ein Drittel Jusos sind.

Zu wenig Wirtschafskompetenz habe die SPD aufbringen können, zu wenig Zutrauen der Wählerinnen und Wähler in Fragen der sozialen Gerechtigkeit, zu weit weg sei man von den einfachen, den kleine Leuten gewesen, so Gabriels schonungslose Analyse des Wahlergebnisses von 25,7 % am 22. September 2013. Stehende Ovationen im Plenum blieben folglich aus.

Schonungslos gingen dann allerdings auch die Delegierten sowohl mit Gabriel, als auch mit der restlichen Parteiführung um. So erhielt Gabriel nur 83,6% der Stimmen, und damit sein schlechtestes Ergebnis als Parteivorsitzender. Barbara Hendricks wurde mit 79,5 % erneut zur Schatzmeisterin gewählt. Außerdem in ihrem Amt als stellvertretende Parteivorsitzende wurden Hannelore Kraft (85,6 %), Aydan Özoguz (79,9%), Olaf Scholz (67,3%) und Manuela Schwesig (80,1%) bestätigt. Neu in der Parteispitze ist Thorsten Schäfer-Gümbel. Der hessische SPD-Chef konnte sich über eine Zustimmung von 88,9% freuen. Andrea Nahles wurde auf dem SPD-Parteitag mit 67,2 % in ihrem Amt als Generalsekretärin bestätigt. Nahles verwies auf die großen anstehenden Projekte, die sie als Generalsekretärin steuern wolle: das Mitglieder-Votum über den möglichen Koalitionsvertrag zum Beispiel – eine der größten logistischen Leistungen, die das Willy-Brandt-Haus jemals habe stemmen müssen.

Ein Wahlergebnis der engeren Parteiführung stach allerding heraus. Der EU-Parlamentspräsident und Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokratie für die Europawahl Martin Schulz wurde mit 97,9 % in seinem Amt als Verantwortlicher für die Europäische Union beim SPD-Parteivorstand bestätigt. „“Das Zeigt, wie wichtig Europa der SPD ist“ so Daniel Schweer, Vorsitzender der Jusos Weser-Ems im Hinblick auf dieses gute Wahlergebnis. „Martin Schulz ist sozusagen unser Mr. Europe“.

Inhaltlich beschäftigten die Delegierten vor allem mit einem neuen Kurs der Partei. So wolle man in Zukunft offen und ehrlich über Koalitionen mit der Linkspartei nachdenken, und diese nicht mehr wie 2009 und 2013 kategorisch ausschließen. „Wir brauchen neue Machtperspektiven jenseits einer großen Koalition, auch wenn es für rot-grün nicht reicht“ so die Meinung der neuen Parteiführung.

Doch auch mit diesem Leitantrag „Perspektiven. Zukunft. SPD!“ wurden die Delegierten nicht wirklich aus ihrer nachdenklichen, fast lethargischen Stimmung gerissen. Bis zum Morgen des letzten Parteitages plätscherte das höchste beschlussfasende Gremium der SPD leise vor sich hin. Durchbrechen konnten das weder das Beeindruckende Bekenntnis zu Europa von Martin Schulz, noch nicht einmal die Rede des italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta.

Den richtigen Dreh bekam Sigmar Gabriel dann aber dennoch, kurz vor Ende des Parteitages hin. Eigentlich stand am Morgen des Letzen Parteitag-Tages nur die Wahl der Bundesschiedskomission, der Kontrollkommission der Delegierten zum SPE-Kongress und Antragsberatungen im Bereich Kommunalpolitik auf der Tagesordnung.
Spontan trat Gabriel während der Antragsberatungen ans Rednerpult, und verhinderte mit einer Überzeugenden Rede, dass der gesamte Parteitag in Mutlosigkeit und Resignation zu Enden drohte. „Ganz Europa schaut auf diesen Parteitag“ so Gabriel „ die gucken hier her ob wir Ihnen helfen wollen, oder ob wir uns drücken!“ Einen Koalitionsvertrag mit der Union werde es ohne Mindestlohn, doppelte Staatsbürgerschaft und Rentenreform nicht geben so Gabriel in seiner über Nacht zusammengeschriebene Rede weiter. Diese Forderungen rief Gabriel den Delegierten unter großem Applaus zu. „Ich werde von keinem von euch verlangen einem Koalitionsvertrag zu zustimmen, von dem ich nicht selbst überzeugt bin, so Gabriel weiter. In Richtung des Mitgliedervotums über den Koalitionsvertrag mit der Union stellte der Parteivorsitzende klar: „Jeder in der SPD trägt dann die gleiche Verantwortung“ Erst zögernder, dann zunehmender Beifall, am Ende applaudierten die Genossinnen und Genossen ihm dann doch noch einmal stehend.