Klimabewusst Reisen - Mit dem Nachtzug nach Wien - Ein Erfahrungsbericht

Veröffentlicht am 08.10.2019 in Europa

Für den Neuenkirchener Daniel Schweer ging es Anfang Oktober zusammen mit zwei Freunden aus alten Juso-Zeiten für drei Tage in die österreichische Metropole Wien; und das ganz klimabewusst mit dem Nachtzug.  Für die Tage in Wien war schnell klar, dass angesichts der derzeitigen Debatte um Klimaschutz ein Direktflug zum Beispiel von Hannover aus nicht wirklich infrage kommt. Zum Glück bietet die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) mit Ihren Nachtzugangeboten eine gute, und klimafreundlichere Alternative.

Es folgt ein Erfahrungsbericht:

Ausstattung und Fahrt im Nachtzug

Vom Hauptbahnhof Hannover ging es dann am Vorabend des 3. Oktober gegen 22:00 Uhr ganz entspannt mit dem Nachtzug  los. Gebucht hatten wir ein so genanntes Triple-Abteil als Privatabteil im Schlafwagen. Die höchste Kategorie (neben Sitz- und Liegewagen), aber durchaus auch die angenehmste im Nightjet der ÖBB. In der Kabine mit einer Größe von maximal 3 Quadratmetern fanden wir die drei Betten (jeweils übereinander)  schon fertig bezogen und hergerichtet mi t Decke, Laken und einem (sehr kleinen) Kopfkissen vor. Neben einer Flasche Sekt als „Welcome Drink“ hatte jeder  zwei 0,33 l Flaschen Mineralwasser und den Welcome Bag mit einem Handtuch in Tisch-Set-Größe und Toilettenartikel (unter anderem Seife, Hausschuhe und Ohropax). Zur weiteren Ausstattung der Kabine gehörten eine Waschgelegenheit mit Steckdose und eine weitere Steckdose im Türbereich. Die  Kabinentür ließ sich von innen verriegeln, und von außen mit einer Lochkarte wieder öffnen. Koffer und Gepäck waren in der Ecke der Kabine beziehungsweise in den Ablagebereichen oberhalb des Wasch-Schranks gut verstaut. Zum Schlafen sind die oberen zwei Betten jeweils mit Gurtsystemen gegen ein Herausfallen gesichert. Die Nacht verbrachten wir sehr angenehm. Man konnte mit Ohropax in den Ohren (gegen die normalen Umgebungsgeräusche in einem Zug) relativ gut schlafen.  Durchsagen sind nachts übrigens ausgeschaltet und das Abteil ließ sich gut verdunkeln. Das Einzige was etwas gewöhnungsbedürftig war, ist die Tatsache, dass das Bett im Zug nicht ruhig steht, der Zug bewegt sich über die Schienen und jede Unebenheit und jede Weiche bekommt man dann auch ebenso mit. Aber das sollte kein K.O.-Kriterium für eine solche Reise sein. Babys schlafen ja auch im Kinderwagen auf Kopfsteinpflaster am besten! Und wer dennoch Problem beim Einschlafen hat, dem helfen sicherlich der Sekt  oder andere Hilfsmittelchen.

Am Morgen hätten wir uns vom Zugpersonal wecken lassen können, sind aber schon von alleine wach geworden und aufgestanden. Warm und sogar heiß Duschen konnte man übrigens auch im Zug, und das auch noch für die doch etwas Engen Verhältnisse im Bahnwagen relativ geräumig! In jedem Schlafwagen gab es ein WC und eine Dusche mit WC. Nach dem Umbau des Abteils vom Schlafabteil zum Dreier-Sitzabteil mit einem Tisch gab es dann das am Vorabend bestellte a la Carte-Frühstück. Mit  sechs Komponenten am Platz serviert, reichte das für zwei Semmeln, Margarine oder Butter und Aufschnitt sowie Tee, Café oder O-Saft. Heißgetränke konnten kostenlos nachgefüllt werden. Von Hannover nach Wien waren wir aufgrund von Baustellen im Bereich Göttingen und Passau 12 Stunden unterwegs. Im Normalfall dauert die Fahrt aber nur gut 10 Stunden.

Preis und Leistung

Der Preis konnte sich auch noch sehen lassen. Denn rechnet man eine Hotelübernachtung, die die Fahrt mit dem Nachtzug ja quasi ersetzt, ein Frühstück und die Bahn-Anreise dagegen, ist das Angebot auch gegenüber dem Flugzeug oder der Autofahrt durchaus konkurrenzfähig. Und durch das Rail-Plus Angebot lassen sich auch Rabatte der Bahncard für die Züge der ÖBB nutzen. Und der Service ist natürlich auch rundum zufriedenstellend gewesen. Buchen sollte man übrigens rechtzeitig. Der Zug war sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt komplett ausgebucht.

Wien

Natürlich gehörte neben dem Besuch des Stephansdom, für einen Kommunalpolitiker auch der Karl-Marx-Hof zum Programm. Der Karl-Marx-Hof ist einer der bekanntesten Gemeindebauten Wiens. Der Karl-Marx-Hof wurde in den Jahren 1927 bis 1930 gebaut und gilt als Ikone des „Roten Wien“.

Ein Besuch im Park am Schloss Schönbrunn fand bei sonnigem früh-herbstlichem Wetter statt.  Das Schloss Schönbrunn, in seiner heutigen Form im 18. Jahrhundert als Sommerresidenz für Kaiserin (eigentlich Kaisergattin und Erzherzogin) Maria Theresia errichtet, liegt etwas außerhalb der Kernstadt Wien, ist mit der U-Bahn aber sehr gut zu erreichen. Überhaupt ist das ÖPNV-Netz in der österreichischen Hauptstadt sehr gut ausgebaut. Durchaus sogar besser als in so mancher deutschen Großstadt.  

Am dritten Tag ging es dann für uns noch in eine viel gelobte Ausstellung über das Rote Wien. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden die Sozialdemokraten bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien dann schließlich auch ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die nach dem Weltkrieg leidende Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu dem, was die untere Wiener Bevölkerungsschicht sonst gewohnt war. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit fast 63.000 Wohnungen. Die wirklich empfehlenswerte Ausstellung im Wien Museum Musa (neben dem Wiener Rathaus) läuft noch bis zum 20. Januar 2020.

Zum Abschluss des Besuchs ging es dann noch in den Redoutensaaltrakt der Wiener Hofburg, der derzeit als Übergangssitzungsgebäude des österreichischen Nationalrates fungiert. Von 2017 bis 2021 wird das historische Parlamentsgebäude am Ring aufwändig und grundlegend saniert und auf das 21. Jahrhundert vorbereitet. Mit gut 400 Mio. Euro lässt sich die Republik Österreich das auch einiges Kosten.

Bei gutem Essen, sei es das Wiener Schnitzel oder der Kuchen in einem der Wiener Cafehäuser kann man über die klassische Schönheit und vor allem die Sauberkeit der ehemaligen Habsburger Metropole ins Schwärmen kommen.  Zurück ging es dann am Abend des 5. Oktober, so dass wir volle drei Tage genießen konnten.

Fazit

Wien ist auf jeden Fall eine Reise wert, und das am besten klimabewusst mit dem Nachtzug!